Das Stegreiftheater ist eine Form des Theaters, bei dem die Schauspieler „aus dem Stegreif“ spielen. Es hat sich aus der Commedia dell’arte entwickelt und ist eine Vorform des modernen Improvisationstheaters. Häufig nimmt es die Form der Komödie an; man spricht dann von einer Stegreifkomödie. Noch im 19. Jahrhundert gab es (deutsche) Stegreifdichter.

Entwicklung und Verbreitung

Die Stegreifdichtung war seit der Antike (Skolion) verbreitet und wurde in der altnordischen Dichtkunst der Skalden und in der Spielmannsepik gepflegt. Besonders in Volksdichtung wurden Spielformen bevorzugt, in denen der Schauspieler den Text nach eigener oder Publikums Stimmung variieren konnte. Die allmählich als Verwilderung der Theatersitten empfundene Stegreifdichtung wurde durch die Theaterreform Johann Christoph Gottscheds im 18. Jahrhundert abgeschafft und in Österreich aus Gründen der Zensur 1752 sogar verboten. Auch die Stegreifrede, eine alte rhetorische Kunst, wird nicht mehr gelehrt, sondern der rhetorischen Begabung des Einzelnen überlassen.

Als Schauspieler aus dem Stegreif zu sprechen oder zu agieren, war beispielsweise in England zur Zeit Shakespeares und in den barocken Volkstheatern üblich. In der Commedia dell'Arte entwickelte sich die Improvisation zu einer festen Kunstform und beeinflusste unter anderem die Alt-Wiener Volkstheater und die „Haupt- und Staatsaktionen“ der deutschen Wanderbühnen.

In Mitteleuropa hat sich die Tradition des Stegreiftheaters in Form von Volksstücken, Moritaten, Ritterspielen usw. bis heute erhalten, speziell im süddeutschen Raum und in Österreich. Goethes Stegreifdichtung „Palaeophron und Neoterpe“ erschien 1801. Luigi Pirandellos Stück Questa sera si recita a soggetto (Heute abend wird aus dem Stegreif gespielt) kam 1930 auf die Bühnen.

Berühmte Stegreifdichter waren Martin Opitz, Ferdinand Sauter und Ernst Rudolf Neubauer.

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last update: 2014-10-12
by Guido Boyke
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