Geschwätzigkeit bzw. Labern ist ein beliebter Fehler beim Improvisationstheater. Geschwätzigkeit heißt, dass mehr geredet wird, als es der jeweiligen Szene bzw. der augenblicklichen Spielsituation gut tut, aus ihr nicht das Optimale herausgeholt wird. Geschwätzigkeit bedeutet nicht, dass die Szene/Situation misslingt. Zu viel Reden führt dazu, dass die Gefahr einer langweiligen, statischen, nicht lebendigen Szene besteht. Durch Reden statt Agieren verhindern oder erschweren die Schauspieler Emotionen und anschaulicheres, intensiveres und unmittelbares "Wahrnehmen" und Erleben bzw. sie verhindern Situationsänderungen auf der Bühne.

Situationen

Geschwätzigkeit kann es in mehreren Situationen geben:

  • Es wird begleitend gesagt bzw. angekündigt, was man ohnehin tut oder tun wird. Beispiel: „Ich schraube jetzt mal die Birne rein“ und genau das wird gemacht, während man es sagt oder unmittelbar davor oder danach (Faustregel: „Nicht drüber reden - es einfach machen!“).
  • Man redet nur über einen Zustand, anstatt ihn zu spielen/zu zeigen. Z.B. jemand sagt „Ich habe Hunger“ und lamentiert und beklagt sich darüber. Besser: Er sucht vergeblich und ausgiebig nach Nahrung im Küchenschrank, im Kühlschrank usw.
  • Es wird (ausgiebig) über nicht Anwesende, über Vergangenes geredet: "Helga hat sich gestern mit mir gestritten. Sie wollte, dass ich den Mülleimer 'runterbringe. Ich hatte aber gerade 'was Anderes zu tun. Dann klingelte auch noch das Telefon." usw. (siehe auch: Tratschen). Besser: Die Begebenenheit in einer Rückblende spielen.
  • Obwohl die laufende Szene dramaturgisch "ausgereizt" bzw. "ausgelutscht" ist (siehe auch Beat), wird sie nicht beendet oder unterbrochen, sondern es wird (weiter) geredet. D.h. es kommt kein neuer Impuls etwa durch einen Zeitsprung oder durch einen in die Szene tretenden Spieler.
  • Die Umstände können eine geschwätzige Szene fördern, etwa wenn die Spieler auf Stühlen sitzen und sie dadurch in ihrem Aktionsradius (vermeintlich) eingeschränkt sind.
  • Es wird ein vorhandenes oder entstehendes Gefühl zugequatscht. Das heißt ein Schweigen von mehreren Sekunden wäre intensiver und würde das Gefühl verstärken. Beispiel: Zwei alte Freunde treffen sich nach vielen Jahren wieder. Hier ist eine schweigende, innige Umarmung viel berührender als viele Worte.

Ursachen

Geschwätzigkeit ist häufig Ausdruck von Unwissenheit, Unsicherheit und Unerfahrenheit. Man denkt, man könne den Zuschauern Schweigen nicht zumuten oder es sei langweilig für sie. Sie kann auch Ausdruck dafür sein, dass die Spieler noch nicht gelernt haben, in die Körperlichkeit, in die Bewegung, in die Pantomime zu gehen. Schließlich kann Geschwätzigkeit zeigen, dass der Beat nicht beachtet bzw. der rechtzeitige Schnitt versäumt wurde.

Positive Verwendung

Wenn es stilistisch gut verfeinert ist, kann die Geschwätzigkeit aber auch gut eingesetzt werden:

  • In Shakespeare-Stücken wird immer wieder angekündigt, was man bald zu tun beabsichtigt und dann wird es während der Handlung selbst auch noch erklärt.
  • In Tschechow-Stücken wird andauernd gejammert, ohne dass jemand wirklich was unternimmt, um die Probleme zu lösen.
  • Eine geschwätzige Figur hat durchaus komisches Potential
Entscheidend ist, dass die Geschwätzigkeit positiv-spielerisch aufgefasst wird und den Spielern klar ist, dass die Szene jetzt nicht unbedingt vorangetrieben wird.

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last update: 2015-05-18
by Klaus
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